Locker bleiben

Das Sozialtrainingskonzept „locker bleiben“

 

1. Theoretischer Hintergrund:

Das Trainingskonzept „locker bleiben“ stammt von Bräutigam und Schatz aus der Brunnenschule in Königsbrunn bei Augsburg (Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung).

Dem Ablauf jeder Trainingseinheit liegen entwicklungspsychologische Theorien zum Erleben und Verhalten von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf in der sozialen Kontaktaufnahme und im Verhalten zugrunde. Sie stehen im Zusammenhang mit Konzepten des Lernens durch Beobachtung und Imitation (vgl. BANDURA 1976), Annahmen zur sozialen Informationsverarbeitung nach Dodge (vgl. DODGE 1985) und Erkenntnissen zur Entwicklung kindlicher Wahrnehmung nach Jean Ayres (vgl. AYRES 1998). Es nimmt zudem Bezug auf das Konzept der Entwicklungspädagogik / Entwicklungstherapie nach Mary Wood und Marita Bergsson und das begleitende Instrument zur pädagogischen Förderdiagnostik, den Entwicklungspädagogischen Lernziel Diagnose Bogen (ELDiB) (vgl. Schatz / Bräutigam 2012).

 

2. Kurzbeschreibung:

Seit dem Schuljahr 2008/2009 wird an der Comenius-Schule das Sozialtraining „Locker bleiben“ für Schüler und Schülerinnen mit emotionalem und sozialem Förderbedarf erfolgreich angeboten.

Sechs Schülerinnen und Schüler nehmen über ein Schuljahr bzw. max. 2 Schuljahre an dieser Trainingsmaßnahme teil. Diese besuchen Klassen der Grund- bzw. Hauptschulstufe und arbeiten einmal wöchentlich (Montag von 8.30-9.30 Uhr) mit einer Studienrätin an Förderschulen und einem heilpädagogischen Förderlehrer in einem klassenübergreifenden Kurs zusammen.

 

Zu Schuljahresbeginn werden alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler persönlich mit einem eigenen „locker bleiben“ Ausweis zum Sozialtraining eingeladen. Einem Trainingsvertrag ähnlich signalisiert dieser Verbindlichkeit und muss zu jeder Sitzung mitgebracht werden. Am Ende jeder Trainingseinheit wird die Teilnahme durch ankreuzen bestätigt. Dadurch erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Überblick über das, was sie schon geschafft haben, und die noch vor ihnen liegenden Einheiten.

 

Am Ende des Schuljahres wird die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler durch die Überreichung einer Urkunde gewürdigt.

 

Jede Sozialtrainingseinheit folgt derselben ritualisierten Struktur:

 

Treffpunkt: Auf der Bank in der Schulaula.

 

Hinweg: Der gemeinsame Hinweg zur Turnhalle wird zur ersten Kooperationsübung (z.B. In der Reihe gehen). Jeweils ein Schüler führt die Gruppe.

 

Einstieg: Sitzkreis in der Turnhalle. Einstimmungsmusik „locker-bleiben“ (Prinzen). Der Koffer hilft bei der Mitteilung der eigenen Gefühle durch stellvertretende Gegenstände (z.B. Boxhandschuh für „Ich bin wütend“, Feder für „Ich fühle mich gut und leicht“).

 

Warm-up Spiel: Laufspiele nach Musik (z.B. bei Musikstopp in einen Reifen stellen oder versteinern“)

 

Übung: Im Kern des Trainings finden sich kooperative Aufgaben, Regelspiele, Spiele aus der Psychomotorik und Übungen aus der Theaterpädagogik (z.B. Bierdeckelspiele, Langbankspiele, Spiele mit Dominosteinen) die von den Schülerinnen und Schülern alleine oder mit Partner bzw. in der Gruppe bewältigt werden müssen.

 

Für die Schülerinnen und Schüler wird die Möglichkeit zur Beobachtung und Imitation als zentrales Element gesehen. Zu Beginn jeder Übung wird diese von den beiden Lehrkräften vorgemacht. Der Übungsauftrag sowie die zu beachtenden Regeln werden gemeinsam erarbeitet. Dann sind die Schülerinnen und Schüler selbst an der Reihe. Ein Teil der Gruppe beobachtet als Schiedsrichter am Rand das Geschehen. Der andere Teil übt derweil an der Aufgabe, bzw. wird ggf. als Helfer eingesetzt. Dann wird beraten, überlegt und die Rollen werden gewechselt, bis die Übung von allen Schülerinnen und Schülern erfolgreich bewältigt wurde. Der Schiedsrichter gibt nach jedem Durchgang ein Feedback.

 

Abschluss: Jeder Schüler liegt auf einer eigenen Matte und lauscht der Entspannungsmusik.

 

Rückweg: Beim gemeinsamen Rückweg in die Aula führt der gleiche Schüler wie auf dem Hinweg die Gruppe.

 

Verabschiedungsritual: Nach dem Abzeichnen der Ausweise rufen alle im Stehkreis „Wir bleiben locker“ und wünschen sich eine gute Woche. Anschließend gehen die Schülerinnen und Schüler  in ihre Klassen zurück.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass alle Schülerinnen und Schüler gerne am Sozialtraining „locker bleiben“ teilnehmen.

 

3. Ziele des Konzeptes:

Aufbau bzw. Erweiterung der eigenen Sozialkompetenzen

Förderung des Selbstwertgefühles und des Selbstbewusstseins

Aufbau und Erweiterung der Handlungskompetenzen in konfliktträchtigen Alltagssituationen

Erfolgreiches Lernen durch Beobachtung, Handeln und Wiederholung

Verbesserung der Wahrnehmung in ihrer psychosozialen Dimension:

Wahrnehmung in Raum und Beziehung

Aufmerksamkeit

Selbst- und Fremdwahrnehmung

Entschlüsselung und Interpretation sozialer Hinweisreize

Einübung von Strategien zu Interaktion und Kommunikation:

Emotionswahrnehmung und somatische Marker

Emotionsausdruck und Emotionswortschatz

Problemlösungsstrategien und Handlungsalternativen

Handlungskonsequenzen

 

4. Ansprechpartner:

Barbara Gerlach

Michael Sahm 

 

5. Weitere Informationen zum Thema:

 

www.locker-bleiben-online.de 

 

Schatz, Herbert / Bräutigam, Dorothea (2012): Locker Bleiben. Sozialtraining für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Handlungsorientierte Methoden zum Sozialen Lernen und zur Gewaltprävention. BORGMANN MEDIA. Dortmund.

Schatz, Herbert / Bräutigam, Dorothea (2011): Sozialtraining für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, in Ratz, Christoph (Hrsg.): Verhaltensstörungen und geistige Behinderung. Athena Verlag. Oberhausen.

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